Der informelle Maler Eugenio Mombelli tituliert seine gemischten Öl-, Lack-, Collage- und Sandtechniken als ob es sich bei ihnen um sinnbildliche Objekte handeln würde. So scheint er mit Sonnenuntergang über dem Karneval von Venedig, mit Gegenstände in Bewegung oder mit Abendfragmente auf ein deutlich erkennbares malerisches Motiv anzuspielen.

Möglicherweise ist dies ein Hinweis auf die Etappen einer von einem anderen Ursprung ausgehenden Entwicklung, von einem Ursprung, der zurecht nicht verleugnet und im Anschein einer Erzählung wieder an die Oberfläche geholt wird, wo das Sichtbare von einem berückenden Materialgewebe bedeckt ist.

Mombelli stellt eine fragmentarische Malkunst zur Schau, in der er Lesestücke, Theaterstücke und Verse in der Art der visuellen Dichter der siebziger Jahre hervorhebt.

Diese Sgraffiti auf vorwiegend schwarzen Hintergründen erheben jedoch nicht einen konzeptuellen Anspruch, sondern scheinen vielmehr den Beobachter dazu aufzufordern, eine Mitteilung, ein Gedächtniszeichen aufzunehmen.

In seiner Vorgehensweise ist der Einfluss der amerikanischen Avantgarde der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts unverkennbar. Doch ganz von ihm selbst kommt das Bedürfnis, den Blick auf den Stil als lesbare Form zu richten und auf Massen, die sich im Raum bewegen und Perspektiven schaffen.

Es sind aus der Materie erzeugte Pulsschläge, emportauchende Farbeffekte, in denen das Schwarz vorherrscht und das Weiß als Antithese eine erhellende Rolle übernimmt, während Rot und Gelb als unruhige Kontrapunkte ins Spiel kommen.

Die malerische Materie dieser Werke hat völlig ungewöhnliche vibrierende Qualitäten und lässt den Blick die räumliche Struktur überwinden, um das Nichtgesagte einzufangen, das vielleicht ein Motiv ist, eine entfernt liegende Landschaft, die von Pinselstrichen bedeckt ist , die Breschen und Fenster, Gleichklänge und Misstöne umreißen.

Bei näherer Betrachtung kann man bemerken, dass sich die Konstruktion dadurch aufrecht hält, dass sie das Bildmotiv auslöscht, und zwar nicht so sehr aus einem zerstörerischem Bedürfnis heraus, als vielmehr zur paradoxen Bewahrung des Bildes durch eine Überdeckung, die noch Spuren erahnen lässt.

Die Schriftzeichen am Rand drücken klar eine enigmatische poetische Absicht aus, die buchstäbliche Verkörperung einer lyrischen Berufung. In dieser Malerei, die nur dem Anschein nach der Willkür überlassen ist, harmonieren die verschwenderischen Farbmassen im Zeichen einer sehr kontrollierten Instinkthaftigkeit auf der Grundlage einer gründlichen Farbstudie.

Die unförmigen Formen Mombellis beruhen auf einer meisterhaft zusammengestellten Farbpalette, in der sich die Farbtöne durch einen Kompositionsstil, der nichts dem Zufall überlässt, in geordneten Modulationen vereinen.

Es sind Momente warmer, weicher Malkunst von erhabener Aszendenz – mit einigen Hinweisen auf den informellen Lyrismus Marcel Tapiés – bei der die Arbeit mit der Dichte der Materie auf eine Weise agiert, die mehr der Berechnung als der wahrhaftigen Ausführung gleichzusetzen ist.

Die gemischte Technik erschöpft die Potentialität der Nichtform, die letztendlich als ein überaus ergreifendes Gedankenzeichen endet. In diesem Fall verkörpert die Malerei vor allem die Gefühle, die einen beim Hören von atonaler Musik mit ihren bisweilen harten und trockenen Kontrapunkten und ihren bisweilen entspannten Momenten von expressiver Vollkommenheit überkommen.

Was die Schrift betrifft, liegt ihre ergänzende Funktion in der Linearität, die wie eine Schwingung oder ein Gegengesang die gleichförmige Farbgebung der Hintergründe unterbricht.

Die chromatisch-körperliche Sensibilität dieses Malers, dessen Bilder sich hauptsächlich durch die Verwandlung der Form auszeichnen, reproduziert ein gewaltloses Auslöschen der Welt, was auch als Befreiungsschlag sowohl gegen die traditionellen Regeln der Darstellung als auch gegen die ideologischen Zwängen vieler Avantgardekünstler interpretiert werden kann.

aus “ I giudizi di Sgarbi ” Editoriale Giorgio Mondadori, Mailand ( April 2005 )

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Vittorio Sgarbi

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Eugenio Mombelli